Früher hieß es „Schrottwichteln“, heute hört man von  „Trash-Präsenten“. Wie auch immer, gemeint ist das Gleiche. Man verschenkt Ramsch und Plunder. Dinge, die man eigentlich nicht braucht und die zum Teil so hässlich sind, dass sie schon wieder Charme haben. Je nachdem, welche Regeln festgelegt werden, kann man für das Wichteln etwas kaufen oder man muss etwas aus dem eigenen Fundus herauskramen.

Ich weiß beim besten Willen nicht mehr, wer auf die Idee gekommen war, vor der eigentlichen Weihnachtsfeier bei uns im Betrieb ein Schrottwichteln zu veranstalten. Mein Chef war sehr angetan von dieser Idee und delegierte „Frau Initiativia, Sie organisieren das bitte!“
Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen und ich ahnte  schon, warum. Im Prinzip hatte ich dann nur die Auslosung dazu  vorgenommen, wer wen bewichtelt und einige wenige Vorgaben festgelegt. Nichts Schmutziges, Ekliges oder Kaputtes sollte verschenkt werden, sondern etwas Lustiges, Ausgefallenes oder ein Retro-Teil.  Nichts, was extra für diesen Anlass gekauft wird.

Morgen ist nun der Tag X, auf der einen Seite steht die Weihnachtsfeier auf meiner Agenda, auf der anderen das Wichteln. Die Feier ist davon der einfachere Teil. Hier lässt sich alles planen und absehen.
Nicht so beim Wichteln. Morgens rauscht Azubine Sara leicht hysterisch  in mein Büro und appelliert an meine Hilfsbereitschaft. „Du MUSST mir helfen. BITTE! Ich habe noch kein Wichtelgeschenk!“ (Was soll ich dazu sagen, ich habe selbst noch keines.)  Aber egal. Ich frage nach: „Wen hast du denn gezogen?“ Sara kichert „Haha, so horcht man Menschen aus, das darf doch nicht verraten werden!“ Stimmt, ich will eingrenzen. „Mann oder Frau?“ Sie runzelt die Stirn und gibt das Geheimnis preis. „Ich bin der Wichtel für einen Mann. Oder besser die Wichtelin. Heißt das so?“  Da weiß ich Rat. „Frag doch deinen Papa, ob er nicht eine scheußliche Krawatte ganz hinten im Schrank hat. Oder neue Socken, die er nicht mag. Vielleicht mit einer Comicfigur oder mit einem Weihnachtsmann drauf.“

Jetzt brauche ich nur noch etwas, was ICH verwichteln kann. Ich versinke in Gedanken und gehe so meinen Dachboden durch. Endlich habe ich die zündende Idee. Von irgendjemandem hatte ich vor Jahren eine wirklich schreckliche Vase geschenkt bekommen.  Schrecklich bedeutet bei mir, dass das Teil quietschbunt ist und über und über mit Blumen und Vögeln verziert.

Am nächsten Tag packe ich das gute Stück passend zum Schrottwichteln in Zeitungspapier ein und stecke es auf der Arbeit in den großen Geschenkesack im Gemeinschaftsraum. Wir machen etwas früher als sonst Feierabend und versammeln uns bei Kaffee und Plätzchen. Ein Geschenk nach dem anderen erreicht seinen Empfänger,  bis nur noch Ina und ich übrig sind. Im Geschenkesack sind noch zwei Geschenke. Allerdings haben die Wichtel vergessen, diese zu beschriften.  So spielt unser Chef den Oberwichtel und verteilt die guten Gaben. Eins für Ina und eins für mich. Irgendwie versuche ich mein Entsetzen zu verbergen, denn ich kenne das „Geschenkpapier“. Und ich weiß ohne Nachzuschauen den Inhalt des Paketes. Natürlich kann ich als Personalchefin nicht zugeben, dass ausgerechnet ich vergessen habe, einen Namen auf das Geschenk zu schreiben…..

Alle Blicke sind auf mich gerichtet und ich heuchele Neugierde. „Was da wohl drin sein mag?“ überlege ich laut und taste das Päckchen ab. Ganz große Schauspielkunst gebe ich zum Besten, als ich völlig überrascht und außer mir vor Freude genau die schaurige Vase ans Tageslicht befördere, die ich selbst eingepackt hatte.
Mein Chef begutachtet das Präsent und grinst „Gutes kehrt immer wieder zum Absender zurück, nicht wahr Frau Initiativia?“ Mir wird heiß und kalt und mein Erinnerungsvermögen setzt schlagartig ein. Genau diese Vase hatte mir seine Frau vor Jahren geschenkt und ich hatte ihr einen Ehrenplatz in meinem Wohnzimmer versprochen. Ich säusele irgendetwas von Karma und fasse den Entschluss, dass es Wichteln in irgendeiner Form nicht mehr geben wird. Jedenfalls nicht, solange ich es verhindern kann! Es geht doch nichts über ein liebevoll ausgesuchtes persönliches Geschenk!

Ich wünsche allen ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest!
Ihre Heidi Initiativia

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