Mein Büro sieht aus wie ein Schlachtfeld, was bei mir die Ausnahme ist. Auf meinem Schreibtisch türmen sich nach einer Stellenanzeige zahlreiche Bewerbungsmappen, unser IT-ler blockiert meinen Bildschirmarbeitsplatz, weil sich mein Rechner verabschiedet hat und ich selbst komme vom Telefon nicht weg. Am Nachmittag entspricht mein Inneres genau dem äußeren Chaos und ich würde nur zu gern in Urlaub fahren.

Als ich mich in den Feierabendmodus begebe, entert der Junior-Chef mein Büro. Er ist der  kreative Teil des Vater-Sohn-Gespanns, das unsere Firma leitet. Er schaut mir tief in die Augen: „Schätzelein….?!“ Mir schwant nichts Gutes, wie immer, wenn er seinen Dackelblick aufsetzt.

Juniorchef: „Kann ich bitte noch einmal das Konzept für unsere neue Produktreihe haben?“
Ich: „Sie meinen das Konzept, das gestern von Ihnen, Ihrem Vater und Max  abgesegnet worden ist?“
Er nickt: „Genau. Ich müsste da noch eine winzige Kleinigkeit ändern. Nichts Großes.“
Oh je, das kenne ich. Das könnte bedeuten, dass wieder einmal alles umgeschmissen wird. Und das wiederum wären Überstunden,  Diskussionen mit dem Senior-Chef und Stress mit Max, unserem Produktionsleiter.  Ich mag kreative Menschen und ich mag meinen Chef. Aber manchmal wünsche ich mir mehr Ruhe, mehr Kontinuität, mehr Struktur.

Also drucke ich das Konzept aus, das gerade wieder zum Entwurf degradiert wurde und bringe die Unterlagen dem Junior-Chef, der mit seinem Vater in eine Diskussion verwickelt ist. Schnell verziehe ich mich, denn ich will nicht zwischen die Fronten geraten. Jetzt muss ich mir nur noch schnell die Mappe mit dem Angebot unseres Lieferanten schnappen und die Pläne, die ich für den Kindergeburtstag meiner Nichte gemacht habe und dann nichts wie weg.
Zum Glück bin ICH anders aufgestellt als mein Chef. Manchmal bin ich schon als überpenibel und kleinkariert verschrien. Denn bei mir werden für alle möglichen Sachen Listen erstellt, die wiederum an den wichtigsten Stellen bunt markiert sind und in Mappen oder Ordnern abgelegt werden. Und selbstverständlich habe ich all das auf meinem Rechner – ordentlich katalogisiert und beschriftet!  Ordnung ist das halbe Leben, das hatte schon meine Oma gesagt.

Ich kann all das kaum selbst glauben, als ich mein Büro betrete, denn das Durcheinander von eben ist von allein kein bisschen besser geworden.  Egal, das wird auf Morgen verschoben. Ein Griff und ich habe die beiden Mappen, die ich benötige, gefunden und schließe aufatmend die Tür.  Als ich gerade meine Autotür öffnen will, legt sich eine Hand auf meine Schulter. So etwas bringt mich in Rage und ich drehe mich wutentbrannt um, um zu sehen, wer da so übergriffig wird.

Vor mir steht mein Chef. Er sieht nicht begeistert aus und wedelt  mit einer Mappe unter meiner Nase herum.  Ach ja, das Konzept…..sorry, ich habe es eilig, denke ich. Er schlägt die Unterlagen auf und will wissen „Was in aller Welt bitte haben Sie sich dabei gedacht??“ Ups, da ist jemand sauer. Wenn ich nur wüsste warum. Ich schaue auf die oberste Liste und lese die ersten Punkte. „Prinzessinnentorte backen, Clown bestellen, Knete kaufen……“. Ach du Schande, ich habe die Mappen verwechselt und ihm die To-Do-Liste für den Kindergeburtstag gegeben.  Ich stammele etwas von Stress und  murmele eine Entschuldigung. Zum Glück können wir die Unterlagen sofort austauschen. Ein langer Blick vom Chef zum Abschied und ein guter Rat „Ein wenig mehr Struktur und Ordnung würde Ihnen ganz gut tun!“

Ich werde an meinem Selbstmanagement arbeiten!
Heidi Initiativia